Neues Jahr, neuer Präsident, neues Glück. Mit neuer Musik ist es im Januar ja immer so eine Sache. Das fette Weihnachtsgeschäft ist vorbei und die Veröffentlichungen, die die Massen zum Kauf von Festivalkarten überzeugen sollen, gehen auch erst Ende Februar raus. Zum Glück macht das Internet die Vermarktungsmaschine schneller. So gibt es auf dem Januar-Sampler trotzdem ein paar echte 2009er. Mando Diao zum Beispiel. Oder auch Franz Ferdinand. Beide scheinen ihren Erfolgs-Hang-Over ausgeschlafen und zurückgefunden zu haben, zurück zur Kreativität.
Aber natürlich gibt es auch Nachgereichtes. Es ist mir ein wenig rätselhaft, wie die Shiny Toy Guns durchs Netz rutschen konnten. Denn schon im Mai des letzten Jahres kurbelten sie mit dem ting-tingierten „Le Disko“ den Verkauf von Motorolla-Handys an. Ein ähnliches Fundstück schaltet gleich im Anschluss einen Gang zurück. Tilly And The Wall’s Beat Control findet sich nicht auf dem 2008er Longlayer sondern wurde als schnöde Single zwischengeworfen. Eine gelungene und sehr entspannte 80er Reminiszenz. Reminiszensierend kommen auch die Eagles Of Death Metal daher. Deren wahnwitziges „Wanna Be In LA“ ist der größte Spaßmacher der CD 1.
Im Sinne Europas schalten wir dann mal nach Tschechien. Ja! Da kommen nämlich Southpaw her. Die stehen gewaltig auf die Smiths, klingen aber gar nicht so. Sondern eher ein wenig nach Hard-Fi. Mit Geigen, viel Geräusch und nicht unlangweiligem Arrangement.
Da hat tatsächlich mal das Myspace-Profil-Weiterleitungs-Dingens geholfen. Einer konservativeren Quelle verdanken wir James Yuill. Das Radio (!) Motor FM spielt ihn scheinbar stündlich, im Dezember gabs schon einen Remix – jetzt wird er durch Aufnahme seiner Single „This Sweet Love“ geehrt. Das Radio half auch an anderer Stelle. Als echte Januar-VÖ steht ja dieser Tage das neue Anthony And The Johnsons-Album an. In bester Apfelmann-Manier scheint Herr Hegarty gerade den Obstgarten mit all dem Gefleuch für sich zu entdecken. Er singt in „Another World“ davon, dass er die Bienen vermissen würde, wenn jetzt die Welt untergehen würde. Klingt nach dem stachligen Distelmeyer. Einerseits. Andererseits rührt es auch zu Tränen. Einige Blogger berichten von tiefschürfenden Hörerlebnissen. Nachdem auch Radio Eins „Another World“ als CD der Woche auslobte und die Naturballade im besten Mediendrucksinne ein zweites Mal innerhalb von 2 Stunden auf mich niederpurzelte, musste es auf die Kompilation.
Noch absurder als Radio ist dann wohl das Fernsehen als Quelle für gute Musik. Doch auch das war im Januar möglich. Namentlich für Lotte Kestner (MySpace) aus Seattle. „Crush The Bird“ lief völlig paradoxerweise für 12 Sekunden unter einer widerwärtigen Fummelszene der Bewohner bei „Ich bin ein Star holt mich hier raus“. Edit: Hoch erfreulich, dass diese Quelle scheinbar auch Stephan Niggemeyer in den Himmel lobt. In seinem Fernsehblog gibt es ein Interview mit dem Mann (und ich dachte, es wäre ein Frau), der für die Musikauswahl im Dschungelcamp verantwortlich ist.
Talking about Paradoxon: Bon Iver heisst „Guter Winter“. So richtig konnte ich den 2008er-Hype um Bon Iver nicht nachvollziehen. Es brauchte dann erst die dieser Tage erscheinende EP, um mich zu bekehren. „Blood Bank“ um mich zu überzeugen. Zurückhaltend und stilvoll zeigen die Amerikaner warum ihnen die Indieblogger zur Zeit zu Füßen liegen.
Fazit: Viele neue, laute, knackige Songs gab es im Januar insgesamt weniger häufig zu entdecken. Da passt es ganz gut, dass zwei Coverversionen die Januar-Compilation abschließen. Einmal tut das Hayley Daviss aus Großbritanien mit der überfälligen aber trotzdem mutigen Girlie-In-Love-Version von „Sex On Fire“:
Und schließlich, noch ein Stück absurder, The Viking Moses. Passend zum Start der neuen DSDS-Staffel heulen sie Whitney Houstons letzten großen Hit. Aber gekonnt. „I Will Always Love You“ (via JustSayinIsAll.com) klang noch nie glaubwürdiger.
CD 1:
Shiny Toy Guns – Le Disko |
CD 2: The Submarines – Xavia Fredrik – Black Fur Na Na Na James Yuill – This Sweet Love Josh Woodward – She Dreams in Blue Winterpills – Gentleman Farmer Andrew Bird – Oh No Finely Dressed Saboteurs – Geoff Ereth Bon Iver – Blood Bank Arcade Fire – Cold Wind Lotte Kestner – Crush the Bird El Ten Eleven – My Only Swerving Nobody – The same song Team B – On My Mind The Bird And The Bee – Ray Gun Antony and The Johnsons – Another World Jason Isbell – The Devil Is My Running Mate Anya Marina – Move You Hayley Daviss – Sex On Fire The Viking Moses – I Will Always Love You |