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Die 127 ist eine komische Zahl. Die passende Kompilation dafür aber ziemlich gerade heraus. Mehr noch – nach Zwangspause wegen Paris vereinen die 40 Songs so ziemlich genau die Essenz dessen, was die Spreewelle ausmacht. Und bevor es den nächsten Gedenksampler für den nächsten Wahnsinn in dieser Welt geben muss, erzwingen wir mal den Alltag – mit einer Mischung, die so bunt ist wie das Leben.

 

Warum ist die Welle rund?

Nun. Wie gesagt: Die Mischung macht’s. Das gilt für weinhaltige Cocktails genauso wie für elegante Mixtapes. Wir haben im Angebot: Funky Discosoul, echten Indiepop, schmunzelnde 60s Referenzen, deutschsprachige Melancholien und einige vorzügliche Coverversionen. Das ganze mal von alten Legenden, mal von neuen Helden. Wie immer gilt dabei für Seite 1 besonders zu beachten: Never play random.

 

Le-gen-dary

Knalliger Elektropop mit einem kantigen Beats und charttauglichen Hooklines, das ist eigentlich das Metier von den Ting Tings. Die haben auf ihrem ersten Longplayer geradezu geprotzt mit Hits. Das hatte zwei Folgen. Einerseits konnte das Mädchenduo auf Album Nummer zwei natürlich nicht mehr an den Erfolg anschließen. Und andererseits konnte man klugen, eingängigen Elektropop plötzlich nicht mehr hören. Mit dem Bandprojekt Powers steht jetzt eine Art Neuauflage der tingtingschen Erfolgsformel in den Startlöchern. Vielleicht ist einfach genug Zeit vergangen, vielleicht liegt es an der Spur Hiphop, die sie ihrem Sound beimischen: So zwingend wie auf der Mördersingle „Legendary“ klang lang kein Lied mehr. „Cool as fuck“ nennt Indieshuffle diesen Song. Und ja: Besser krieg ich’s auch nicht getextet.
 

 
 

Eier wie Christbaumkugeln

Ich gebe zu, eine alberne Zwischenüberschrift. Aber man kämpft ja um Aufmerksamkeit in diesem Internet. Wer liest schon über die erste H3 hinweg? Für alle, die es trotzdem geschafft haben: Als Wippe von der Disko zu den Bässen dient ausgerechnet die 2. beste Version von „Hit The Road Jack“ (die beste stammt von Mo‘ Horizons). Dank der immer großartigen „Sunny Side Up“ Kompilation von FM4 bin ich mal wieder auf die Helen Redy-Interpretation dieses Klassikers gestoßen.
 

 
Lässig und schlüssig, wie die Schlußarkorde in den Miike Snow übergehen. Dessen dritter Longplayer steht wohl ab Anfang Januar zum Download bereit – und das verheißt Gutes. Der Nachfolger des 2009 erschienenen Debuts hieß „Happy To You“, erschien 2012 und hatte lediglich mit „Paddling Out“ etwas Besonderes zu bieten. Ganze vier Jahre brauchte die schwedische Fast-Hitmaschine, um den Eindruck einer Eintagsfliege mit „III“ wieder wett zu machen. „Heart Is Full“ ist ein Brett und hat ein herrlich fieses Slowmo-Tempo. Das klingt ungewöhnlich, neu und so damn clever. Kopfnicken ist angesagt. Und toll auch, wie Andrew Wyatt im Refrain das R beim Wort „Tomorrrrow“ rollt.
 

 
Ebenfalls eigentlich alte Bekannte sind Großstadtgeflüster – ein Name wie eine Vorabendserie im ZDF. Das Dreigestirn mit Berliner Wahlheimat veröffentlichte im Oktober die Single „Fickt-Euch-Allee“ und machte – mich zumindest – sprachlos. Wie lange ist es her, dass derart fette Beats und Reime in Deutschland gefertigt wurden? Klar, das klingt zu Beginn verdächtig nach M.I.A. – aber die Texte, die Hook und die Gitarre, bitte, bzw. „Alter?!“. Die „Fickt-Euch-Allee“ reiht sich meiner Meinung nach sofort ein in die German Hiphop Evergreens ein. Und ist damit z.B. nur einen Steinwurf entfernt vom „Haus am See“. Das Ding kann auch in 10 Jahren noch laufen. Word!
 

 

Ein Gruß aus der Küche

Ähnlich selbstbewusst und elektronisch kommt die Vorankündigung des neuen Bloc Party Albums daher. Nach der etwas zu unrecht als schlecht empfundenen Platte „Four“ sollte es das eigentlich gewesen sein, mit den Jungs um Kele Okereke. „The Love Within“ heißt nun der Vorgeschmack auf das im Januar erscheinende „Hymns“ und wartet mit einigen Überraschungen auf. Statt es sich auf dem wieder breit getretenen Pfad der Anfänge gemütlich zu machen, wird plötzlich wieder munter am Pitchrad des Casio-Keyboards gedreht. Kele scheints zu gefallen – jedenfalls hat er ein paar Pfunde zugelegt (was man leider nur im Originalvideo sieht, das widerum im deutschen Web gesperrt ist. Cool, Musikbranche).
 

 
Und dann das: Paul Smith von Maximo Park hat einfach so im Sommer sein zweites Soloalbum veröffentlicht. Ich hab extra noch mal geguckt: Keine Mail. Kein Anruf. An der Haustür hat er auch nicht geklingelt. Ein bisschen eingeschnappt hab ich dann „Contradictions“ angehört. Kein aufregendes Album, leider. Aber deutlich weniger verkünstelt als sein Debut . Und mit „Break Me Down“ gelingt ihm doch tatsächlich eine kleine Hymne. Manchmal reichen so einfache Zeilen wie „Break me down, won’t be hard. Widen your eyes until I crack“ und schon begibt man sich auf die (hoffnungslose) Suche nach der Replay Taste in iTunes.
 

 

Sehnsucht nach der Jugend

Das mit dem ganz großen Charterfolg wird wohl nichts mehr für Paule, sehr leider. Aber vielleicht sollte er die Hoffnung nicht aufgeben. Aus dem Indiesegment schaffen es immer wieder Bands nach ganz oben, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht erwartet hätte. Und damit meine ich nicht nur Coldplay (deren Preview-Single auf ihr angeblich letztes Album bewusst keine Beachtung findet). Auch Neighbourhood gehören für mich dazu. Die kalifornische Band waren schon dreimal zu Gast auf der Spreewelle. Aber erst im November 2015 belegen sie tatsächlich Platz 1 der iTunes Alternative Charts. Klar, „R.I.P. To My Youth“ ist ein guter Song. Aber wahrscheinlich liegt hier der Schlüssel tat- bzw. hauptsächlich in der Namensgebung des Songs. Alle paar Zeitabschnitte verlangt das Volk nach Coming-of-Age-Songs. Und das hier ist ein guter.
 

 
Übrigens hat Wilhelm Tell Me die Antwort auf die quälenden Alterserscheinungen von Jesse Rutherford. „Growing Younger“ ist eine von mindestens drei jugendlich-frischen Songs im Indiepopsegment der Seite 1.
 

 

Die Kunst des Nichthits

Seite 2 gehört dem Opener der vorletzten Spreewelle. Jamie Woon schaffte es – ehrlicherweise hauptsächlich aufgrund von Alternativlosigkeit – im November zur Platte des Monats im Musikexpress. Die Lorbeeren heimste er nicht ohne die mahnenden Worte der Musikredaktion ein, zu wenig Hits auf „Making Time“ produziert zu haben. Stimmt nur so halb, finde ich. Denn auch so ein fragiles, anmutiges Stück Musik wie „Skins“ ist auf eine Art ein Hit.
 

 

Neue deutsche Scheißmusik?

Nach Woon beweisen Newcomer Will Joseph Cook und die Kollegen von Bear’s Den, dass ich einen guten Musikgeschmack habe. Im Allgemeinen. Aber dann kommts Dicke. Eben genannter Musikexpress titelte im Oktober auf dem Cover „Neue deutsche Scheißmusik – Mist ist Mist, egal in welcher Sprache“ und verkloppte verbal so ziemlich alles was in Punkto Musik deutschsprachig erfolgreich ist. Als erster Beweis wurde Cro angegeben. Okay, da gehe ich mit. Und ja, auch für die Generalkritik habe ich viel Verständnis. Trotzdem lagern auf Seite 2 gleich drei deutschsprachige Musikprodukte – und sogar ein Ex-Teilnehmer einer Casting Show. Nur, dass wir uns verstehen: Ich hasse Casting Shows. Alle. Außnahmslos. Aber die Spreewelle gilt ja auch nicht als engstirnig. Und wenn was shazamt wird, dann MUSS es gut genug für die Monats-Playlist sein. So geschehen mit Michael Schulte. So geschehen mit Gregor Meyle. Um diesen kleinen Ausfall rund zumachen hab ich dann zwei Re-Issues platziert. Nämlich meinen November-All-Time-Favourite „Graue Wolken“ und das ähnlich betagte „Kriegnwirschonwiederhin“ von Michel van Dyke – von dem großartigen Bossa Nova Album „Bossa Nova“.
 

 
War das alles? Nein. Mit Charlene Soraia gibt es noch ein Crazy Cover, mit Esco Williams sogar ein bißchen Soul auf der zweiten Seite. Außerdem Hozier, The Jinxes, Boy & Bear, Oh Wonder und hastenichtgehört.
 
Aber abschließen möchte ich heute mit dem letzten Track der Seite 1 und dem Thema Kleinkunst. Hab ja nix übrig für Stepptanz. Aber wenn dabei ganz nebenher das eigentlich bereits totgecoverte „Umbrella“ im wahrsten Sinne des Wortes aufgejazzt wird, dann sag ich nicht nein!
 

 
Cover-Location: Warnemünde
 
 

Seite 1

 

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • Powers Legendary
  • Great Good Fine Ok Carried Away
  • Tove Lo Habits (Oliver Nelson Remix)
  • EMPIRE Cool Uncle (Bobby Caldwell & Jack Splash) – Break Away (feat. Jessie Ware)
  • Helen Reddy Hit The Road Jack
  • Miike Snow Heart Is Full
  • Grossstadtgeflüster Fickt Euch Allee
  • Bloc Party The Love Within
  • Robot Koch Trouble (Robots Don’t Sleep)
  • The Neighbourhood R.I.P. 2 My Youth
  • RDGLDGRN Won’t Last
  • Wilhelm Tell Me Growing Younger
  • Kakkmaddafakka Galapagos
  • Simian Ghost Never Really Knew
  • The Lawsuits Sweet Marcelle
  • Jordan Klassen Go to Me
  • Paul Smith and the Intimations Break Me Down
  • Maritime Satellite Love
  • Boy & Bear Walk The Wire
  • Casey Abrams & The Sole Sisters Umbrella
[/unordered_list]

Seite 2

 

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • Jamie Woon Skin
  • Will Joseph Cook Catalyst
  • Bear’s Den Stubborn Beast
  • Peter and Kerry One Thing (Amerie)
  • Boy & Bear Just Dumb
  • Giants & Pilgrims Shummer No Waves
  • Michel Van Dyke Kriegenwirschonwiederhin
  • Blumfeld Graue Wolken
  • Gregor Meyle Hier Spricht Dein Herz
  • Michael Schulte Thoughts
  • Charlene Soraia Wherever You Will Go (The Calling)
  • Fo Sleep
  • Hozier Like Real People Do
  • Sorcha Richardson Alone
  • Still Parade Actors
  • Louis Baker Birds
  • Oh Wonder Without You
  • Vanilla Swept Away
  • Esco Williams About U (Sweetest Kisses)
  • The Jinxes If You Want (The Buh Bah Song)
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