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Juni. Wahrscheinlich der erste Monat des Jahres, in dem kein Superstar den Löffel abgibt. War Restdeutschland statt dessen von Starkregen und Sturmfronten geplagt, superte das Wetter in Berlin fröhlich dem Sommer entgegen. Passend zur Sonnenwende, zum Erdbeermond und zum Sommeranfang präsentiert sich eine rundherum wohlige, entspannt-rockige Spreewelle.

 

Aus Steglitz: Hits!

Den Anfang macht ein Local Hero. In Steglitz sind die Musiker der Band Von wegen Lisbeth zur Schule gegangen. Ihren Musikstil beschreibt Sänger Matthias Rohde relativ unscharf als „deutschsprachigen Indiepop mit sehr vielen Instrumenten“.  Dass diesen Indiepop lange nicht mehr wahrnehmbar gute und witzige deutsche Texte begleiten ist höchst erfreulich. Und dass der Indiepop selbst  dabei wahnsinnig frisch und funky klingt, ist sogar richtig famos. „Sushi“ war 2015 schon ein Hit, „In Meiner Kneipe“ bekommt massig Airplay bei unserem Lieblingsradiosender FluxFM. Von Wegen Lisbeth freut sich über Likes bei Facebook und sollten wir auf jedem Fall auf dem Schirm behalten.

 

 

Immer wieder Wien

Deutschsprachiger Pop erlebt dank unserer österreichischen Freunde ja grade eine Renaissance. FM4 beweist mit jedem neuen Sampler, dass dieser Trend eben nicht nur aus Bilderbuch und Wanda besteht. Bestes aktuelles Beispiel sind die Wiener Filou. Die gelten zumindest in den einschlägigen Ösi-Medien als das Next Big Thing. Bei Enemy.at sind die 4 Jungs gerade zur Band des Monats aufgestiegen. Und bei der Single „Sound“ merkt man, dass zum Hype neben Timing auch eine ganze Menge Talent gehört. Das Video hingegen… Naja. Man kann nicht alles haben. Das sieht dann doch musikstudentischer aus als es geräuschmäßig cool ist.

 

 

Wenn die Pferde mit der Ballade durchgehen

Dass der Pop auf Deutsch die Spreewelle eröffnet, war so nicht geplant. Eigentlich gebührt der Band Of Horses die Pool-Position. Aber weil mir beim EM-Gegucke die Neue Deutsche Scheissmusik so dermaßen auf die Jogis ging, musste für die 134 ein Statement her. Aber zurück zur Pferdeband. Wikipedia führt sie ja unter dem sonderbaren Label Dream Pop. Elegischer Indiepop mit Falsett-Stimme trifft es vermutlich besser. Die große Stärke des Quintetts lag eigentlich schon immer in der Ballade. „The Funeral“, na klar – oder „Is There A Ghost“. Oft ähnlich konstruiert geht es dabei um das große Leiden, die großen Gefühle. Das aber nie als introvertierte Heulboje. Bei jedem Hit der Band aus Seattle gibt es ein laut dröhnendes Finale. Jetzt steht mit „Why Are You OK“ ihr schon fünftes Album in den Läden. Und die Single zeigt, dass es auch anders geht. „Casual Party“ ist eine herrlich altmodische Uptempo-Indiepop-Nummer mit einer fetten Hookline und grandiosen Gitarren. Keine andere Single hat mir in den letzten 4 Wochen so viel Spaß gemacht (Die Strophe! Der Refrain! Die Bridge!!!). Und wieder: Nicht verwirren lassen von dem etwas wurstigen Video.

 

Band Of Horses – Casual Party from Ben Fee. on Vimeo.

 

Indiepop: Wir werden älter.

Sehr gut dazu passt das Londoner 4-Piece Sunwater Sun. Die Single „Wild“ enthält die selben, süchtig machenden Ingredienzen für einen guten indiepop Song im Jahr 2016. Das Tempo: Treibend, nicht übertrieben. Die Stimmung: Zwingend, nicht zwinkernd. Überhaupt scheint der Indiepop groß geworden zu sein. Doch dazu mehr, nach der Musik:

 

 

Strokes: Buh. TDCC: Yeah!

Mit den Interpreten Two Door Cinema Club und Hot Hot Heat finden sich auf Seite 1 gleich zwei sehr typische Spreewelle-Abonnenten. Etwas untpyischer ist das, was die Bands 2016 veröffentlichen. Und das ist richtig so. Mit dem Versuch, die alte Erfolgsformel nachzukochen, scheitern – meiner Meinung nach jedenfalls – gerade die Strokes. Deren „neuer“ Beitrag im Juni ist die „Future Present Past EP“ und enthält: nichts Neues. Und weniger noch. Nicht mal interessantes Altes. Bei aller Liebe zu den frühen 2000ern: Das hättet Ihr Euch sparen können, liebe Strokes. Die aus Nordirland stammenden Two Door Cinema Club hat sich für ihren 2016er Release hingegen deutlich mehr einfallen lassen. Dazu gehört nicht nur das ordentliche Marketing zur VÖ von „Gameshow“, sondern auch ein einfach richtig spannender neuer Track mit Namen „Are We Ready (Wreck)“.

 

 

Schwül schwofen: Der Sommerhit

Auch die 134 macht trotz der bebrillten Auseinandersetzung mit dem Status Quo des Indiepop Station in der Disco. Dieses mal mimt hier die schwedische Einmannband The Legend den Türstüher. Ein bisschen gedehnter Daft-Punk, eine Prise Vocoder: Fertig ist der schwüle Sommerhit, der mit „Summer In the City (Living Is For Somebody Else)“ auch den amtlich korrekten Titel trägt.

 

 

Waren wir eben in Nordirland, wechseln wir jetzt zur Gruppe B. Aus Wales kommt nämlich Marina Lambrini Diamandis. Deren auf Dur getrimmter Discotrack „Froot“ ist schon 3 Jahre alt. Weil unser allseits geliebter Oliver Nelson sich der Single jetzt noch einmal angenommen hat, findet sich der Remix im Soulsegment der Seite 1.

 


 

Nicht erwähnt, aber ebenso wichtig für den frischen Sound der schnellen Runde: The Mondays, Animal Island (zum zweiten Mal), Feuilletonliebling Drangsal, HONNE und RÜFÜS (MAN SCHREIBT SICH JA HEUTZUTAGE GROSS WENN MAN WAS AUF SICH HÄLT).

 

Und noch mal: Immer wieder Wien

Aus der die erste Sammlung abschließenden Elektroecke soll nur noch eine besonders hervorgehoben werden: Leyya. Bis eben wusst ich’s nicht. Aber schon wieder: WIEN! Wer hätte das gedacht. Der Track „Butter“ klingt so international, dass die Ösi-Wurzeln alles andere als nahe liegen.

 

 

Pharellativ einzigartig: Maggie Rogers

Seite 2 beginnt mit einer Reddit-Sensation. Heftig, wie bewegte Bilder beeinflussen können. Als ich die Performance von Maggie Rogers vor den Ohren Pharell Williams gesehen habe, war ich wie parallelisiert. Der in der Abschlussklasse vom Band abgespielte Song „Alaska“ hatte mich – allerdings erst ab dem ersten Refrain. „I have zero comments on that“ sagt Herr Pharell und lobt im Anschluss ausgiebig die Einzig- und Neuartigkeit der Musik der bis zum Anschlag esoterisch wirkenden Maggie. Das Video verbreitete sich über die einschlägigen Kanäle in Windeseile – ein internationales Massenpublikum bekam den Track über Facebook zu hören – Pharells unterdrückten Tränen sei dank. Erstaunlicherweise brauchte die Künstlerin über 6 Wochen, nämlich genau bis gestern – um den Track endlich fertig zu mastern und bei iTunes einzureichen (übrigens einige BpM schneller als im Video). Sechs Wochen. Das ist ja ungefähr eine Millionen Jahre in Snapchats. Mittlerweile fanden sich ein halbes Dutzend fremdgemasterte Versionen des Tracks auf Youtube. Spannend, ob „Alaska“ trotzdem noch zum Hit wird.

 

Ab Minute 20!

 

Mickey Mouse goes folk

Das war aber nur der erste Track der Seite 2. Es warten spannende Newcomerinnen wie Jorja Smith oder die Entdeckung Jessica Pratt, die mit dem sonderbaren mickeymousigen „Back, Baby“ den Folksong neu definiert.

 

 

Doch wie immer kommen – wenigstens hier – die zweiten Zwanzig des Monats Juni zu kurz. Es gibt ja noch ein Berufsleben. Trotzdem sind alle restlichen 17 Songs wirklich absolut zu empfehlen. Hören, kaufen, weitersagen!

 

 

Cover: Wolke im Sommer
Cover-Location: Bad Saarow

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • Von Wegen Lisbeth Meine Kneipe
  • Filou Sound
  • Band Of Horses Casual Party
  • Saltwater Sun  Wild
  • The Legends Summer In the City (Living Is For Somebody Else)
  • Local Natives Villainy
  • Marina And The Diamonds Froot (Oliver Nelson Remix)
  • Two Door Cinema Club Are We Ready Wreck
  • Hot Hot Heat Magnitude
  • Hot Collars Tongue Tied
  • Cage the Elephant Trouble
  • The Suits Stars
  • The Mondays Wasted Time
  • Animal Island Our Style
  • Party Nails No Pressure
  • Drangsal Allan Align
  • Tegan and Sara Stop Desire
  • Leyya Butter
  • HONNE & Izzy Bizu Someone That Loves You
  • RÜFÜS Brighter
[/unordered_list]

Seite 2

 

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • Maggie Rogers Alaska
  • Jorja Smith Where Did I Go
  • Henri Bardot Giving Up
  • Jessica Pratt Back, Baby
  • Tom Odell I Think It’s Going To Rain Today (Randy Newman)
  • Buddy Holly I Have A Tribe
  • Catfish And The Bottlemen Glasgow
  • Perlo Masters
  • Pinback Loro
  • Astronauts Skydive
  • Palace Break The Silence
  • Swimming Tapes Set The Fire
  • Still Parade Let Go
  • Band Of Horses Hag
  • Teleman Cristina
  • Evan And The Brave Stay This Way
  • Modern Pleasure Messina
  • Cullen Omori Synthetic Romance
  • New Found Land Chateau
  • The Legends The Embrace
[/unordered_list]