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SPREEWELLE 164

ALMOST ALL THE TIME

VÖ: 21.08.2019
Coverlocation: Strand

Die Sommerpause ist vorbei. Nicht ganz freiwillig hat’s unerlaubterweise acht Monate gedauert bis die 164. Spreewelle fertig war. Beim Kompilieren verheddert. Mehr dazu und zu der prickelnden Sommerspätlese im Text. Und auf Spotify.

Teaser

Ein nervöser Start

Metaeinleitungstexte vom Fluch und Segen des Kompilierens mögen wenig hilfreich sein für den durchschnittlichen Spreewelle-Fan. Wartet er doch nunmehr seit über zwei Monaten auf die neue Ausgabe. Aber ein paar Worte der Rechtfertigung müssen sein. Es war nämlich nicht so, dass es im Juli/August besonders anstrengend gewesen wäre, gute Songs für die Sammlung zu finden. Im Gegenteil. Gute Songs prasselten so durch das Internet und verstopften die „Vielleicht“-Playlist in Spotify. Das Problem war, den richtigen Ton zu finden. Es boten sich vielfach Schwerpunkte an: Reinrassiger Sommerpop, schraddeliger New-Wave, schwermütiger Spätsommerblues – oder mal was ganz anderes: Südamerika! Am Ende ist die 164 in ihrer Vielfarbigkeit doch eine klassische Spreewelle geworden. Mit einem völlig aufgeregten Opener. Bilderbuchs „Mr. Refrigerator“ purzelte kurz vor Redaktionsschluss rein und machte sämtliches Genre-Album-Ansinnen wieder zunichte. Vielleicht gut so. Den Song gibt es übrigens auf keinem Album, ist erst seit 2 Wochen bei Spotify erhältlich, und wurde bislang ausschließlich Live gespielt. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich das vorstellen zu können.

Die Wiedergeburt des Revivals

Zwei Jahrzehnte liegt der New New Wave Hype nun schon zurück, bei dem wöchentlich neue, freche und wegweisende Bands von Großbritannien aus die Welt eroberten. Völlig unbeeindruckt vom Lauf der Zeit fuchteln nun Sports Team mit ihren schlecht-gestimmten Gitarren, mit ihrem gehetzten Sprechgesang und mit ihren herrlichen Harmonien durch die Gegend. Ich bedanke mich für das mutige Ignorieren des Zeitgeists. Obwohl: Manch einer schreibt gerade wegen Sports Team auch schon wieder vom Garage Revival. Wenn’s so ist: Gerne!

Easy, boy, easy…

Nachdem aufrüttelndem Beginn schalten Some Sprouts dann wieder ein paar Gänge runter. Die Regensburger klingen weder nach Regen noch nach Burg und haben mit „Someone You Love“ vor ein paar Wochen einen wunderbar sommerverliebten Hit veröffentlicht. Slacker-Rock mit Lo-Fi Charme nennen das die Leute.

Überlässt man einer Band selbst die Soundbeschreibung kommt dann sowas raus: Quivers make cathartic guitar pop that jangles and shimmers somewhere between 1980s Australia and 1990s America. Gar nicht so weit her geholt. „You’re Not Always On My Mind“ ist das titelgebende Stück dieser Spreewelle (bzw. der nicht zum Songtitel gehörende darauf folgende Halbsatz) und tingelt sich gemütlich durch die Mitte der ersten Halbzeit.

Für die Opfer des Algorithmus


Und schon wieder: Schon wieder veröffentlichen Kettcar im Sommer einen neuen Song. Schon wieder gibt es hitzige Diskussionen zwischen Herz und Hirn, ob der immer etwas zu ernste Ton von Marcus Wiebusch wirklich eine Existenzberechtigung auf der Spreewelle hat. Und wieder sind es zwei Argumente, die „Palo Alto“ mit einem bestimmten „Aber sicher doch!“ auf die Playlist hieven: Einerseits treffen die Hamburger mal wieder einen wunden Punkt, in dem sie ein Lied über die Verlierer der Silicon Valley Algorithmen dichten. Und zweitens schaffen es Kettcar immer wieder mit faustgeballten, herzzerreißenden Melodien im Refrain eine (wohlverdiente) Belohnung für die manchmal mühsam wirkenden „Strophen“ zu schaffen. Das yingt. Das yangt.

Auch Thees Uhlmann ist zurück. Ein ähnlich polarisierender Zeitgenosse. Er hat fünf Jahre nicht gesungen und fand, dass das auch gleich ein guter Songtitel wäre. Ganz schön frech, wie der Track sich komplett auf die Keyboards von „Cold As Ice“ stützt. Aber einfach auch ganz schön gut, dass der Junge vom Deich wieder da ist. Ob das Album weniger biographisch, sondern vielleicht auch mal etwas mehr politisch wird, werden wir spätestens am 20. September wissen. Das und was aus Hannover wird. Denn Song Track Nummer 4 heißt (er mag’s halt explizit): „Was wird aus Hannover“…

Auch lange nichts gehört von…

Friendly Fires. Das britische Indie-Dance-Trio hat letzten Freitag „Inflorescent“ veröffentlicht – die ersten Töne seit acht (!) Jahren. Plattentests beschwert sich darüber, dass den Songs eine gewisse Ibizahaftigkeit innewohnt. Hmmm… Im Spätaugust finden wir das eigentlich gar nicht so verkehrt. Immerhin: Rezensent Martin Makolies kann sich am meisten für die Single „Run The Wild Flowers“ begeistern. Tun wir auch. Und öffnen die Bühne für ein kurzes Afro/Latin-Set. Mit dabei: Das Modell Claire Laffut mit dem sehr eingängigen „Mojo“ und Laneous aus Brisbane, dessen „Hold My Hand“ in sehr guter Weise an Michael Kiwanuka erinnert.

Fließender Übergang

Die Iren Villagers haben ja das Kunststück vollbracht, mit nur einem Song gleich dreimal auf der Spreewelle vertreten zu sein (als Original, als Akustikversion und als Remix). Dass die Jungs mehr als den Song „A Trick of the Light“ zu bieten haben, beweist der Opener zu Seite 2. „Summer’s Song“ ist genau der, für den er sich ausgibt. Und Kishi Bashi harmonisieren mit „F Delano“ so soft und sonnig hinterher, als wär dies der Soundtrack zu Garden State 2.

Empfehlung des Chefkochs

Auf beiden Seiten featured die 164 benee, die eigenwilligerweise klein geschrieben werden möchte. Kommt aus Neuseeland und hat mit „Soaked“ den coolsten Soulsong des Jahres geschrieben. Auf Seite 2 klingt sie bei dem zarten „Want Me Back“ eher etwas nach einer geerdeten Version von Maggie Rogers.

Die Ballade des Monats kommt aber zweifelsohne von Peter and Kerry. Kaum ein neuer Song in 2019 ging mir bislang so unter die Haut wie „They Know God (But I Know You)“. Das Arrangement, die Vocals, das Thema: Puh…

Die Playlist bei Spotify