SPREEWELLE 176
THIS SONG IS WHERE YOU BELONG
VÖ: 12.02.2021
Willkommen in 2021. Die Januarspreewelle ist eine Februarspreewelle. Eiskalt und schockgefroren: Die 40 besten Tracks zum langsam auftauen. Wir müssen noch durchhalten ein bißchen. Hiermit geht’s einfacher.
Teaser
Der Titel
Schon im Oktober begann unsere Hausband Maximo Park ihr neues Studioalbum anzukündigen. Mittlerweile drei Tracks aus dem in zwei Wochen erscheinenden „Nature Always Wins“ liegen seit dem bei Spotify herum. Alle drei eher so aus der Kategorie „Okay“…
So richtig emotional wurde ich aber nur bei dem vierten Song, der auch titelgebend für die 176. Ausgabe der Spreewelle ist. Geht schon damit los: Ein Song über die Kraft eines Songs. Ein Liebeslied fürs Lieblingslied also. Und dann auch noch so wahnsinnig gradelinig. „All Of Me“ klingt wie ein TL;DR des gesamten Maximo Park Œuvres. Leicht vertrackte Rhythmen (die in Wahrheit aber gar nicht vertrackt sind), die mit gerade so nicht mehr ganz nachvollziehbaren Lyrics ? nach Treffpunkten suchen. Und ein From-The-Bottom-Of-The-Heart Refrain.
Der Tenor
Maximo Parks Meta-Song ist bewusst oder unbewusst schon Richtschnurr für die erste Seite. Es geht um die Essenz, um den guten Song. Gutes Beispiel: Razz. Der Song „1969 – Conrad“ klingt nicht nach einem Output einer deutschen Band, deren erster Satz auf Wikipedia von einem Auftritt beim Abifestivall in Meppen handelt. Es geht um Fake News, merkt man aber kaum. Vielleicht zum Glück, denn auf der 176 suchen wir allen voran schöne Melodien und fucking gute Songs. Dies hier ist so einer.
Relativ einfacher Indiepop, der ins Ohr geht und den man immer noch mal hören möchte, ist selten geworden. Luke Nova und Del Water Gap sind zwei Beispiele dafür, dass sowas auch als Newcomer 2021 geht. Dass allerdings die Gefahr besteht, auch in 20 Jahren noch genau so zu klingen, zeigen Nada Surf. Ihr Song „So Much Love“ schaffte es in einige Best-Of-2020-Playlisten , dabei ist der Song eigentlich nichts anderes als ein dreistes Selbstzitat. Und „Always Love“ hieß auch noch fast genauso. Aber egal. Der Stimme von Matthew Caws kann man nicht böse sein. Und Nada Surf ist immer noch ein 1A-Bandname.
In die Indiepop-Nostalgie passt perfekt Hearts Hearts aus, ja kann ich auch nicht für, Österreich. Die klangen ja schon immer ein bisschen nach The National. Bei ihrem bislang besten Song „Rub My Eyes“ aus 2020 muss man sich aber wirklich die Augen reiben und sich rückversichern, ob es sich dabei nicht doch in Wahrheit um ein neues geheimes Bandprojekt von Matt Berninger handelt.
In die Indiepop-Nostalgie passt perfekt Hearts Hearts aus, ja kann ich auch nicht für, Österreich. Die klingen ja schon immer ein bisschen nach The National. Bei ihrem bislang besten Song „Rub My Eyes“ aus 2020 muss man sich wirklich die Augen reiben und einen zweiten Blick wagen, ob es sich dabei nicht doch in Wahrheit um ein neues geheimes Bandprojekt von Matt Berninger handelt.
Der Aufruf
Der liebe Lockdown. Für die einen eine hervorragende Möglichkeit, sich mit Dingen zu beschäftigen, die sonst hinten runter fielen. Für die anderen eine ziemliche blöde Kuh. Rückblickend ist es auf jeden Fall überraschend, dass die verordnete Einschränkung der Aktivitäten nicht automatisch zur Entschleunigung führen muss. Sondern definitiv auch – ich spreche da aus er Erfahrung – genau zum Gegenteil. Wem es auch so geht und auf wen die Beschränkungen wie ein Brennglas auf den eigenen Output wirken, der ist gut bedient mit den Sternen. Über sieben Minuten lang lernt man zu einem ur-enstpannten Schrabbeldiscogroove in „Du musst gar nichts“ genau das. Dass man gar nichts muss. Nicht mal Kalorienzählen.
Passend zur sehr linientreuen Gesamtstruktur treten in der Folge zwei weitere Vertreter des Genres Deutsches LiedGUT auf. Zum einen der für mich langsam beängstigend groß werdende Betterov. „Platz am Fenster“ ist erneut ein unglaublich großartiges Lied. Verwirrend erst, weil Tempo und Feeling klingen wahnsinnig schlageresk. Doch sobald die dunkle Stimme des ehemaligen Theaterschauspielers ertönt, ahnt man, dass es hier nicht so feucht und fröhlich wird wie es die Melodei vermuten lässt. Wenn endlich irgendwann mal wieder Livekonzerte möglich sind, ist Betterov der erste, den ich besuchen werde.
… Und zum Zweiten haben wir da den Nachklapp zum Italopop-Cover-Album der Crucchi Gang. Passt von den Harmonien einfach so perfekt zu „Platz am Fenster“, dass wir den alten Wir-Sind-Helden-Song gern durch italienische Nudelmaschine ziehen lassen. Erstaunlich auch, wie sehr sich die Stimmen von Malika Ayane und Judith Holofernes ähneln.
Der Halbton
Warn das alles nur Männer auf Seite 1? Nicht ganz. Seite zwei gehört jedenfalls zum Gutteil dem starken Geschlecht. Auch wenn diese sehr vereist und verfrostet von den Fleet Foxes eingeleitet wird. Die haben nämlich endlich wieder eine echte Hymne geschrieben. „Can I Believe You“ schafft es, epischen Sound und fundamentale Hookline in einen 9/8-Takt zu pressen, ohne dass man’s so richtig merkt. Guter Stoff für Schlussszenen.
Dann wird’s düster. Mit vier Tracks, denen ich beim Zusammenstellen allen das selbe Temporär-Genre zugeordnet hab: „Halftone“. Alles traurige, irgendwie kalte und doch nahbare Songs. Alle bewegen sich in den spannendsten Momenten halbtönig abwärts. Und: Alle intoniert von starken Frauen. Für das Quartett gilt: Nichts für Leute, die sich ihre Winterdepression abtrainieren wollen. Es bleiben im Raum: Frances, Alex Mayr, Sophie Hunger und Azure Ryder.
CD 1
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CD 2
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