Thementag Tiere.
SPREEWELLE 189
EIN SONG REICHT
VÖ: 19.06.2022
Fast schon ein Comeback. Die 189. Spreewelle hat sich sehr lange Zeit gelassen. Aber sie ist, wie es sich gehört: Fresh, laut und erstaunlich gut gelaunt.
NEVER
MISS A
THING!
Ein Song reicht. Leider nicht ganz.
Raprock aus Chemnitz. Was als Etikett wirklich wirklich schwierig klingt, brachte den Kompilationsknoten zum Platzen. Dass Kraftclub irgendwie geil sind, wissen wir spätestens seit „Chemie Chemie Ya“ und „Ich will Nicht Nach Berlin“. Ein kleines „Wow“ entfährt einem, wenn man hört, dass es den sympathischen Fünfer in 2022 noch einmal gelingt, ein deutsches Popmonument zu kreieren – sicher mit ähnlicher Rezeptur. „Ein Song Reicht“ enthält einen der fettesten und cleversten Refrains, die ich aus deutschsprachiger Richtung in diesem Jahr gehört hab. Da ein Song aber in Wahrheit nicht reicht, folgen 39 weitere.
Zurück zu mir
Blumfeld ist Lieblingsband. Seit immer eigentlich. Die Auflösung fand 2007 statt, seither wandelt Jochen Distelmeyer „auf Solopfaden“, wie es in gelangweilten Pressetexten gern heißt. Manchmal holt er sich aber auch nur einen Kaffee im Impala an der Senefelder. Bei allem Hang zu manchmal kitschiger Harmonie, gelingt ihm dabei aber immer wieder Zauberhaftes. Sein 2016 veröffentlichtes Coveralbum „Song From The Bottom I“ zum Beispiel, das bei mir im Winter sehr erfolgreich gesellige Abende untermalt. „Gefühlte Wahrheiten“, sein eigentlich erst zweites richtiges Soloalbum erscheint am 1. Juli. Die zweite Vorabsingle hat es ohne Umwege mitten auf Seite 1 geschafft. Als Ruhestifter nach einer Menge sehr aufgeregter Indiepopnummern (siehe nächster Absatz). „Zurück Zu Mir“ spendiert warme Harmonien, herrlich bluesige Gesangslinien und das gute alte „Hier bin ich Zuhaus“-Gefühl, das nur der Distelmeyer so treffsicher verpflanzen kann. Und wo wir grad von wohligen deutschsprachigen Klängen reden: Das Paradies (übrigens Jena!) hat seine zweite Platte draußen. Und SIND sind und bleiben super.
Post Punk: It’s a thing (again)
Der Spiegel spricht vom „Post Punk“ Revival. Und erwähnt in seinem langen gebührenpflichtigen Artikel mit keinem Wort, dass wir genau das schon 2005 gelesen haben. Aber offensichtlich ist es dann wieder da: Das Revival. An vorderster Front: Fontaines DC aus Dublin. Und – yes, alright – so deutlich und stürmisch hat lang nix mehr geklungen, was von der Insel kam. „Down The Line“ ist ein hypnotisch-energetisches Biest. Es riecht nach ranzigem Club. Auf der Zunge kalter Zigarettenqualm, im Magen zu vielen Biere. Aber im Herzen: Das Gefühl, das sich hier auf der Welt noch etwas ändern kann. In der selben Rille: Die Veteranen von Bloc Party. Mittlerweile haben sie alle 10- und 15-Jährigen Debut- und Nachfolgealbum-Revues hinter sich gebracht und konzentrieren sich wieder darauf, was sie wirklich einmal ausgezeichnet hat. Die Platte „Alpha Games“ ist keine leichte Kost, für im Winter-Distelmeyer-Hörer sogar eine Zumutung – aber sie hat endlich wieder den Willen und den Punch, den man so lange Jahre bei den Jungs um Kele Okereke vermisst hat.
Adam Nailed it.
Mein Lieblings-Musikerklärer gab am Abend der Tempelhof Sounds ebenfalls in Berlin ein Konzert mit seiner Jazz-Fusion-Formation „Sungazer“, während ich mich zeitgleich in Lübeck bei einer wahnsinnig schönen Hochzeit dieses unglaublich uncoole Corona-Virus eingefangen habe. Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben. So massentauglich Adam Neelys unterhaltsame Youtube-Lehrstunden sind – mit seiner Musik werden viele Spreewelle-Hörer fremdeln. Na und? Müssta mal über Euren Schatten springen. Auf der Seite 1 gibt es – quasi als erstes Kennlernen eine reharmonisierte Fassung von Carly Rae Jepsens „Run Away With Me“. Wie flach doch das Original doch klingt im Vergleich zu dem Multiinstrumentalorgasmus, den Adam und sämtliche seiner New Yorker Freunde da im Studio intonieren.